Manche Menschen sagen:
Leichte Sprache finde ich gut. Alles sollte in Leichter Sprache geschrieben werden. Dann versteht man wenigstens was.
Aber das ist nicht richtig. Denn Leichte Sprache wurde von Menschen mit Lernbehinderung für Menschen mit Lernbehinderung gemacht. Sie haben Regeln entworfen. Diese Regeln machen das Lesen für sie leichter, aber sie stimmen manchmal nicht mit der Grammatik überein, die wir im Duden finden. Das ist nicht schlimm, dass es da einen Regelbruch gibt, weil er Sinn macht. Aber man kann eben nicht sagen, dass Leichte Sprache für alle Menschen gut ist.
In der Leichten Sprache sind die Sätze kurz. Jeder Satz enthält nur eine Aussage. Wenn eine neue Aussage gemacht wird, beginnt man in einer neuen Zeile. Für Menschen mit Lernbehinderung ist das gut, aber ich finde Texte in Leichter Sprache anstrengend. Den Texten fehlt die Bildsprache und die Schönheit komplexer Aussagen.
Manche Menschen vereinfachen komplizierte Texte, halten aber nicht alle Regeln der Leichten Sprache ein. Dann sagt man: einfache Sprache. Texte in Leichter Sprache, die von einem Prüfbüro, in dem auch Menschen mit Lernbehinderung mitarbeiten, geprüft und verbessert wurden, können das Siegel für Leichte Sprache tragen.
Bei der Ausstellung von touchdown 21 in der Bundeskunsthalle in Bonn habe ich zum ersten Mal den Begriff klare Sprache gelesen. Man versucht alle Texte so zu formulieren, dass sie gut verstanden werden. Aber anders als in der Leichten Sprache gibt es in der klaren Sprache Fremdwörter.
Fachleute können Texte, die ihren Fachbereich betreffen, besser verstehen, wenn der Fachbegriffe enthält. Sie wissen, was diese Begriffe bedeuten, und können sich damit schnell verständigen, ohne lange Erklärungen zu benötigen. Beispielsweise kann jemand aus dem Fachbereich Theologie mit Begriffen wie Mystik, Kommunion, Doxologie und Apokryphen was anfangen. Wenn ich weiß, dass ein theologischer Text nicht nur von Theologen gelesen wird, muss ich diese Wörter erklären oder andere Wörter wählen.
Ob ein Text gut geschrieben ist, weiß ich erst, wenn er verstanden wird.
Wenn ich etwas nicht verstehe, kann ich fragen. Es ist gut, wenn man weiß, wer einen Text geschrieben hat und wie man diejenige erreicht.
Manchmal ist ein Bild oder ein Zeichen, auf das man sich geeinigt hat, einfacher als ein Satz oder ein ganzer Text. Das alte Fischsymbol, mit dem Christen einander in Gefahr signalisieren konnten, dass sie an Christus, den Sohn Gottes und Erlöser, glauben, kommt aus der altgriechischen Sprache. Das altgriechische Wort für Fisch kann man als Geheimwort lesen. Jeder Buchstabe ist der Anfang eines Wortes. Zusammen ergeben die neuen Worte ein Glaubensbekenntnis:
Jesus
Christus
Gottes Sohn
Erlöser
Aber das kann man nur wissen, wenn man die Vereinbarung kennt. In unserer Alltagssprache gibt es viele solcher Wörter. Manchmal sagt man sich ein Zitat aus einem Film, den man gemeinsam gesehen hat. Oder man schickt ein Emoji statt einer Formulierung.
Hier noch ein paar Links, die interessant für Sie sein können:
Netzwerk Leichte Sprache: https://www.leichte-sprache.org/
Das Kimi-Siegel für Bücher, die Alltagssprache, Leichte Sprache und Brailleschrift enthalten: https://kimi-siegel.de/
Masterstudium Barrierefreie Kommunikation, Uni Hildesheim:https://www.uni-hildesheim.de/studium/studienangebot/masterstudium/barrierefreie-kommunikation-master-of-arts-ma/